Renault 4 – kleines Auto, großer Kult
Der Käfer von Volkswagen und die Ente von Citroen waren nicht die einzigen, die in den Siebziger- und Achtzigerjahren Studenten und andere junge Leute mit kleinem Portemonnaie mobil machten. Der dritte im Bunde war der Renault 4, kurz und liebevoll R4 genannt.
Der R4 wurde von 1961 bis 1992 produziert und verkaufte sich in diesen 31 Jahren über acht Millionen Mal. Kein Wunder, war er doch zumindest zu Beginn seiner Produktionszeit ein äußerst innovatives Fahrzeug. Zum Beispiel gehörte er zu den ersten Fünftürern, also normalen PKW mit großer Heckklappe. Weder Ente noch Käfer konnten so viel an Gepäck schlucken wie der R4. Mit ruck-zuck ausgebauter Rückbank passte auch schon mal eine Waschmaschine hinein.
Neben dem Platz hatte der R4 aber auch noch einiges andere zu bieten. Zum Beispiel die Revolverschaltung, an der man (wie bei der Ente) hervorragend seine „Jute statt Plastik“-Tasche aufhängen konnte. Und schon Anfang der Siebziger überzeugte der günstige Kleinwagen durch einen Bremskraftverstärker, ein technisches Schmankerl, mit dem nicht einmal Autos aufwarten konnten, die doppelt so teuer waren.
Allerdings gab es auch gewöhnungsbedürftige Details. Noch Anfang der Achtziger musste der Blinkerschalter manuell zurückgestellt werden, nachdem man abgebogen war. Außerdem saß er nicht links, sondern rechts. Wo bei anderen Autos der Blinker seinen Platz hatte, schaltete man beim R4 das Licht ein.
Doch das waren Kleinigkeiten. Als der Renault 4 auf den Markt kam, fiel den Autotestern vor allem eins auf: sein Design. Anfang der Sechziger, als schwellende, runde Formen in Mode waren, wurde der R4 von vielen als „unnötig hässlich“ betrachtet. Motorjournalisten bezeichneten ihn als Schachtel auf Rädern, als kein richtiges Auto. Erst nach und nach setzte sich die Erkenntnis durch, dass der R4 ein durch und durch vernünftiges Auto war. So konnten verbeulte Kotflügel mit einem Schraubenschlüssel blitzschnell ausgetauscht werden, da sie nur mit einigen Blechschrauben befestigt waren.
Auch der Karosserieaufbau war nur auf den Rahmen geschraubt. Dadurch konnten – wie heute üblich – unterschiedliche Modelle auf der gleichen Plattform entstehen. Eine Art Buggy etwa oder eine Lieferwagen. Allerdings lag hier auch eine Ursache des größten Mankos, mit dem der R4 zu kämpfen hatte: dem Rost. Der Rahmen war nur schwarz tauchlackiert und bekam nichts von der schützenden Endlackierung der Karosserie mit.
Aber die Motoren waren robust und genügsam, die Räder mit nur drei Muttern ausreichend befestigt und Gefahren wie bei der Ente 2CV, bei der eine schlecht schließende Motorhaube mit einem Ruck durch den Fahrtwind hochklappen und dem Fahrer die Sicht nehmen konnte, gab es beim R4 nicht. Denn Seine Motorhaube klappte nach vorne auf. Auch gab es keinen störenden Kardantunnel wie beim Käfer, und wenn man die Rückbank nach vorne klappte, hatte man zwei Quadratmeter Liegefläche. Ein Merkmal, dass auch in der Bravo lobend erwähnt wurde. Die Zeitschrift für die Jugend stellte dem Bravo-Girl ’66 nämlich ein Sondermodell als Gewinn zur Verfügung, den R4 Parisienne.
Dieses Modell dürfte zwar heute kaum noch auf den Straßen zu finden sein, aber vereinzelt sieht man noch andere gut erhaltene Exemplare der französischen „Sparbüchsen“ über deutsche Straßen rollen. Ein Beweis dafür, dass der Rost mit viel Liebe und Hingabe eben doch zu besiegen ist.